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Sonntag, 25 April 2021 08:38

2 Seiten der Medaille

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In Zeiten von Corona oder auch Long-COVID auch die Erkrankung ME/CFS etwas mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Das hat unter anderem damit zu tun, dass es einige Parallelen in Bezug auf die beiden Krankheiten gibt bzw. sogar ME/CFS daraus entstehen kann. Das lässt all die Betroffenen hoffen: Hoffnung auf Anerkennung und Akzeptanz für diese schreckliche Erkrankung. Damit man endlich nicht mehr jedem Arzt oder Gutachter erklären muss, was ME/CFS ist. Das man nicht mehr korrigieren muss, dass man nicht MS, sondern eben ME meint.

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Aber leider gibt es auch die weniger schönen Seiten daran. Die vielen Artikel und Beiträge, die in Zeitungen oder auch im Fernsehen erscheinen, sind nicht immer so, wie wir es uns wünschen würden, sondern was mitunter noch viel schlimmer ist, häufig stimmen sie nicht mal mit dem überein, was der Betroffene in dem Interview oder Bericht gesagt hat. In manchen Fällen werden Aussagen leider komplett aus dem Kontext gerissen. Es hat uns sprachlos gemacht, welcher Shitstorm einer jungen Frau entgegenschlug, als es in der eher reißerischen Überschrift um zwei Erkrankungen ging. Ja - die Aussage, in unserem Beispiel, welche als Überschrift genommen wurde, wurde so getätigt, aber in einem völlig anderen Zusammenhang. Aussagen ohne Text als Überschriften zu nutzen, ist mehr als unethisch. Denn nicht nur, dass der Betroffenen (und man sollt nicht vergessen auch Erkrankte) ein Shitstorm entgegenschlug, sondern auch, dass die andere Krankheit augenscheinlich "klein" gemacht wurde. Wir können davon ausgehen, dass die Überschrift so als Aussage nicht getroffen wurde. Gerade als ME/CFS Erkrankter denkt man öfter: "Ich hätte lieber eine schlimme Krankheit als ME/CFS, weil diese anerkannt wird, weil man Verständnis bekommt, weil man sich nicht immer wieder und wieder rechtfertigen muss, weil es Therapien oder zumindest Therapieansätze gibt... usw." Das nimmt aber der anderen Krankheit nicht ihren Schrecken, nicht ihre Schrecklichkeit, sondern vielmehr zeigt es die Verzweiflung. Die Verzweiflung über etwas, das nicht nur nicht heilbar ist, kaum Chancen auf Besserung hat, sondern noch bei so vielen unbekannt ist, einem nicht geglaubt wird und man sich immer wieder erklären muss. Freunden. Familie. Und auch Ärzten. Und diese Stigmatisierung die ME/CFS Erkrankte erfahren, ist meistens schlimmer als die Krankheit an sich, denn sie kann aus dem persönlichen Umfeld und aus dem medizinischen Umfeld kommen.

Schlimm bzw. sehr schade ist in hier vor allem das Verhalten der Zeitung, die diese zusätzliche psychische Belastung ihrer Interviewpartnerin in Kauf nahm. Verantwortungslos. Statt auf die, in diesen Fall, junge Frau einzuschimpfen, hätte man durchaus mal die Zeitung fragen sollen, was der Sinn und Zweck waren, denn kaum jemand wird den Artikel wirklich gelesen haben, nach dieser Überschrift.

Es macht niemals Sinn zwei Krankheiten miteinander zu vergleichen. Genauso wie es wenig Sinn macht, sich im Fall von ME/CFS mit anderen Betroffenen zu vergleichen, auch wenn man immer mal wieder selbst in die Versuchung kommt, dies zu tun. Noch schlimmer wird es, wenn es um zwei grundverschiedene Erkrankungen geht, vor allem weil sich dann alle Beteiligten nicht ernst genommen fühlen. Genau das soll aber nicht der Fall sein und vor allem kann und darf es nicht sein, dass Menschen, die selbst schwer krank sind und aufklären wollen, in der Öffentlichkeit so dermaßen beschimpft werden, egal was sie angeblich geschrieben haben. Schließlich hat jeder von uns seine eigene Meinung, die ihm zusteht. Ebenso wie es ihm zu steht, diese frei zu äußern. An dem oben genannten Beispiel sieht man aber, dass man, bevor ein Artikel in den Druck geht, sich diesen vorher zuschicken lassen sollte, um ihn durchlesen, um sicherzugehen, dass man nicht als "reißerische" Story genutzt wird, sondern dass das eigene Anliegen auch wirklich beschrieben ist.

Gelesen 596 mal Letzte Änderung am Montag, 26 April 2021 17:05
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