Meine Hauptsymptome sind schwere Erschöpfung mit grippeähnlichen Symptomen, die sich nach geringster körperlicher und psychischer Anstrengung verstärken. Ich benötige Hilfe im Alltag und bin an das Haus gebunden, meistens bettlägerig. Ein Teil meiner weiteren Symptome sind starke Kopf- und Gesichtsschmerzen, Neuropathien an Armen und Beinen, Ein- und Durchschlafstörungen, Magen-Darmstörungen sowie starke Geruchs-, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit. An guten Tagen schaffe ich circa 100m am Stück zu gehen. Für längeres Strecken oder Arztbesuche besitze ich einen Rollstuhl.
Ich möchte euch meine alltäglichen Einschränkungen und Probleme erzählen, mit denen ich zu kämpfen habe.
Zusammen mit meinem Mann und meinem fünfjährigen Sohn lebe ich in einer Mietwohnung im Erdgeschoß. Ich würde behaupten, wäre mein kleiner Sohn nicht, hätte ich den Kampf mit Sicherheit schon aufgegeben. Der Verzicht auf all die Dinge, die mich ausgemacht haben, ist schrecklich. Ich war früher ein sehr sozialer Mensch und immer gerne unter Leuten. Meine Hobbies waren viele Reisen, Konzertbesuche, mit Freunden ausgehen und lange Spaziergänge in der Natur. Beruflich hatte ich großes Glück in einer tollen Firma einen wunderbaren Job zu haben, mit einer noch wunderbareren Arbeitskollegin.
Leider kann ich nicht nur meinen geliebten Beruf, sondern auch meine Hobbies nicht mehr ausführen. Vielleicht lernt man damit zu leben und gewöhnt sich daran, denke ich manchmal. Aber so ist es nicht, ich vermisse alles so sehr und die Einsamkeit macht mich wahnsinnig. Die vielen Stunden in meinem dunklen ruhigen Zimmer sind ewige Stunden, in denen ich warte, bis es mir endlich besser geht.
Meine allergrößte Sorge gilt meinem Sohn. Er ist ein so traumhafter kleiner Junge, sehr sozial und aufgeschlossen. Es gibt so viele Dinge, auf die er wegen mir verzichten muss. Wir wünschen uns so gerne noch ein Geschwisterchen für ihn, was allerdings undenkbar ist. Seine Freunde können nur sehr selten zu uns zu Besuch kommen, da es für mich zu laut ist. Er muss mit ansehen wie seine Mama viele Tage auf dem Sofa oder im Bett liegt. Oft mit Oropax und herunter gelassenen Rollladen. Ich möchte so gerne für ihn ein starkes und aktives Vorbild sein, doch geht das leider nicht. Kinder nehmen die Dinge wie sie sind und er hilft mir, wo er kann. Doch wünschte ich mir für ihn ein anderes Familienleben.
Als er in den Kindergarten kam, hat er wochenlang morgens bitterlich geweint. Zuerst dachte ich, es liegt am Abschied nehmen. Und dann hat er mir gesagt, es liegt daran, weil er sich Sorgen um mich macht, weil ich so krank bin. Ein Jahr zuvor ist unser Hund an einer langen Krankheit verstorben und er dachte, weil ich auch krank bin, müsse ich bald sterben. Ich habe ihm versprochen nicht zu sterben und ab diesem Tag waren keine Tränen mehr an der Tagesordnung. Jede Mutter versteht, dass es einem bei so einem Gespräch das Herz zerreißt.
Bei einem Versuch zusammen mit meiner Familie einen Spaziergang zu machen, musste ich mich nach einer kurzer Strecke auf den Boden legen, weil ich nicht mehr konnte. Meine beiden Männer haben mich mit dem Auto abgeholt. All das muss ein kleiner Junge ertragen? In einer Welt, in der Menschen auf den Mond fliegen oder Milliarden von Geldern in irgendwelche sinnlosen Dinge fließen, gibt es nichts, was mir helfen kann. Nach zahlreichen Arztbesuchen und verschiedensten Therapieversuchen gibt es keine Aussicht auf Besserung. Die Uniklinik schickt mich nach Hause und sagt: „Weitere Vorstellungen wären nicht nötig, außer bei Verschlechterung. Gegen die Schmerzen nehmen Sie Schmerzmittel.“
Meine finanzielle Absicherung durch unseren Sozialstaat ist ein Kampf mit den Sozialversicherungen und ärztlichen Gutachtern, was mir zusätzliche große Sorgen bereitet. Mir wurde Sozialbetrug unterstellt und bei einer Untersuchung musste ich demütigende Fragen über mich ergehen lassen. Leider kennen viele Ärzte die Krankheit noch nicht, darin besteht das Hauptproblem.
Ich liebe mein Kind so sehr und werde weiterkämpfen, um ihm irgendwann wieder eine aktivere Mutter sein zu können, um mit ihm zu rennen, auf dem Spielplatz zu toben und ihm die Welt zu zeigen, so wie es mein Plan war. Ich hoffe auf die Forschung oder auf ein Wunder, denn meine Hoffnung stirbt zuletzt.
An dieser Stelle möchte ich noch sagen, ich kann es mir nicht vorstellen mit so einer schrecklichen Krankheit ganz alleine zu sein. Das muss das Schlimmste sein, was einem Menschen passieren kann. Ich weiß, dass es da draußen viele Betroffene gibt, denen es noch schlechter geht als mir. Einige können noch viel weniger Zeit mit ihren Kindern, Familien und Freunden verbringen. Diesen Menschen gilt mein starkes Mitgefühl.
Ich danke meinem Mann jeden Tag so sehr, dass er für uns da ist. Er kümmert sich neben seinem Vollzeitjob um den gesamten Haushalt und um unser Kind. Er muss mit ansehen, wie ich mich von Tag zu Tag verändere. Wie ich an den Schmerzen leide, die Stimmungsschwankungen ertragen, meine Augenringe, mein krankes, schwaches Aussehen. Er muss mit ansehen, wie es mir Jahr für Jahr schlechter geht. Er macht mir trotz allem in jeder traurigen Stunde mit seinem Humor und Kampfgeist Mut. DANKE mein lieber großartiger Ehemann.
Das ist meine Geschichte, mein Leben. Ich wünsche mir für alle erkrankten Mitpatienten und mich eine schnelle Hilfe aus diesem elendigen Dahinvegetieren und Warten auf Besserung.