Coping-Strategien = Bewältigungsstrategien
- Anerkennen der Erkrankung
- Stress vermeiden (körperlich, psychisch, emotional)
Was ist Pacing?
Ausführlicher Artikel über Pacing der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS: Pacing als Strategie zum Krankheitsmanagement bei ME/CFS
„Pacing ist ein individuelles Verfahren, das dem Patienten ermöglicht, seine körperliche, kognitive und emotionale Energie innerhalb seiner Grenzen zu steuern, durch sorgfältige Planung, wo und wie er seine verfügbare Energie einsetzen kann. Es ist ein wichtiges Instrument, um PEM zu verhindern und/oder zu reduzieren. Pacing ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der Rückschläge unvermeidlich sind, zumal die Toleranzgrenze für Aktivität von Patient zu Patient und von Tag zu Tag variieren kann.“ (U.S. ME/CFS Clinician Coalition)
Quelle: Schweizerische Gesellschaft für ME & CFS
Dr. Melvin Ramsays (Oberarzt für Infektionskrankheiten am Royal Free Hospital in London, Clusterausbruch 1955): „Der grundlegende Grundsatz bei der Behandlung eines Falles von ME ist Ruhe mit abgestufter Aktivität innerhalb der Grenzen, die die Krankheit auferlegt."
Dr. Ho-Yen: „Lerne auf deinen Körper zu hören. Er wird dir mitteilen, wenn es Probleme gibt.“
Prof. Carmen Scheibenbogen: "Pacing zielt darauf ab, alle Aktivitäten so anzupassen, dass sich Überlastung und verlängerte Erholungsphasen vermeiden lassen.“
Das klingt schon in der Theorie alles andere als leicht, aber die praktische Umsetzung ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Wir wollen euch einige Tipps zum Thema Pacing mit auf dem Weg geben, um etwas Erleichterung im Alltag zu bekommen.
Es wird nicht jedem ME/CFS Betroffenen helfen und es ist vor allem kein Heilmittel. Man kann dadurch sicher nicht jeden „Crash“ vermeiden. Dennoch ist es eine Leitlinie für das Energiemanagement und wie wir wissen, ist jedes bisschen Energie unglaublich kostbar. Also teilen wir uns unsere Energie gut ein und dabei hilft das Pacing.
Wir wissen auch, dass es nicht von heute auf morgen gelingt, all diese Praktiken umzusetzen. Doch wie heißt es so schön: „Gut Ding will Weile haben.“
Die Spoon-Theory – ein Gedankenexperiment von Christine Miserandino
Die „Löffel-Theorie“ veranschaulicht die Lebensrealität von vielen Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten.
An ME/CFS erkrankt zu sein bedeutet, Entscheidungen zu treffen oder bewusst über Dinge nachzudenken, die für andere Menschen selbstverständlich sind. Gesunde Menschen haben den Luxus, bestimmte Entscheidungen nicht treffen zu müssen.
Die Löffel sollen in diesem Gedankenexperiment für die Energie stehen, die uns als chronisch kranke Person über den Tag hinweg zur Verfügung steht.
Als gesunder Mensch hat man eine unbegrenzte Anzahl an Löffeln (also Energie) zur Verfügung. Mit ME/CFS startet man allerdings schon mit einer begrenzten Anzahl in den Tag und man muss damit rechnen, im Laufe des Tages viele Löffel zu verlieren.
Wir müssen täglich Entscheidungen treffen und wir müssen uns auch über die Folgen unserer Entscheidungen im Klaren sein. Und da kommt Pacing ins Spiel - durch gutes Planen und Einteilen unserer Kräfte.
Symptomtagebuch
Für Betroffene ist es sehr wichtig, ihre Grenzen zu kennen und zu versuchen diese einzuhalten. Hilfreich ist es auch, einen Überblick über die Symptomatik zu haben und wie sich diese (beispielsweise nach Belastung) verändert. Hierzu kann ein Symptomtagebuch von Vorteil sein. Hier könnt ihr ein Symptomtagebuch herunterladen. (Quelle: ME CFS and me)
Tägliche Energiefresser
Mit Pacing findet ein Umdenken statt: Muster herausfinden und Verhaltensweisen ändern.
- Wofür geht täglich die meiste Energie drauf und wo wird unnötig Energie verschwendet?
Hilfreich dabei ist ein Tagebuch. Stressige Ereignisse, neue Medikamente aber auch ungewohnte oder neue Symptome und die Verschlimmerung des Zustands sollten darin vermerkt werden, um herauszufinden, ob es bestimmte Muster gibt. Man sollte neue oder andere Aktivitäten vermerken, um zu sehen, ob es durch diese zu einer Veränderung kommt. Die sogenannte PENE kann noch bis zu 72 Stunden zeitversetzt auftreten und meist weiß man dann gar nicht mehr so genau, was diesen „Crash“ ausgelöst hat.
Durch diese Aufstellung werden unsere täglichen Energiefresser sichtbar und wir können in Zukunft Abläufe ändern und negative Gewohnheiten verbessern.
Im Anhang findet ihr eine Vorlage für solch ein Tagebuch.
Wichtige Schritte:
- Grenzen kennen bzw. erkennen
Das Stichwort hierbei ist Achtsamkeit. Man lernt seinen Körper bis ins kleinste Detail kennen, achtet auf Schwankungen und Veränderungen. Was sich so einfach anhört, ist in der Umsetzung unglaublich schwer: „Aufhören, bevor man zu viel tut.“ Denn wenn man das Gefühl hat, der Punkt sei erreicht, ist es meist schon zu spät.
- Nein, sagen und Grenzen setzen
Menschen neigen dazu, häufig mehr auf die Bedürfnisse anderer Menschen, als auf ihre eigenen zu achten. Genau das ist bei ME/CFS Gift.
Das Telefonat mit der besten Freundin hat früher 3 Stunden gedauert, heute ist sowas einfach nicht mehr möglich. Denn: Auch Reden und Zuhören kostet Betroffenen Kraft. Aus diesem Grund muss man sich selbst Grenzen setzen.
- Aktivitäten begrenzen
Man sollte seine Aktivitäten auf eine pro Tag beschränken.
- Ihr habt an einem Tag einen Termin beim Arzt? Dann wird an diesem Tag keine Wäsche gewaschen.
- Den Haushalt verteilt man auf mehrere Tage.
Auch schwer Betroffene (z.B. bettlägerig) sollten das berücksichtigen, zum Beispiel bei ihrem Internetverhalten.
Und was wohl mit am schwersten fällt: Aufgaben sollten delegiert werden, wenn man es selbst nicht mehr schafft oder es den Zustand massiv verschlechtert. Tut nur das, was unbedingt notwendig ist und nehmt Hilfe an!
Beispiele:
- Abwaschen ist wichtig, Abtrocknen dagegen nicht unbedingt. Warum lässt man das Geschirr nicht in einem Gestell trocknen?
- Viele Supermärkte liefern heutzutage bis nach Hause. Oder man stellt sich seinen Einkauf online zusammen und muss ihn nur noch abholen.
- „Nicht stehen, wenn man sitzen kann“
- Pläne kann man ändern
Zum einen ist eine tägliche Routine für die meisten unumgänglich. Man sollte seine Tagesabläufe im Voraus planen, um genügend Zeit für Ruhephasen einkalkulieren zu können. Es kann hilfreich sein, sich eine Liste zu schreiben.
Dennoch sollte man anfangen zu lernen, dass nicht jeder Punkt systematisch abgearbeitet werden muss. Denn alleine das kann uns schon wieder enorm unter Druck setzen und einen „Crash“ auslösen. Wichtig ist auch hier ein gutes Gleichgewicht. Hört auf die Signale des Körpers und passt dementsprechend euren Tagesablauf an.
- Hilfsmittel nutzen
Hilfsmittel können uns im Alltag einige Arbeit abnehmen und helfen uns dabei, Energie zu sparen.
- Pulsuhr
Bei diesem Punkt empfehlen wir euch die Facebook Gruppe ME - Pacing mit Pulsuhr (Hier kommt ihr zur Gruppe.) Ihr findet dort Empfehlungen für die richtige Pulsuhr, eine Tabelle zur Berechnung eurer Pulszonen (In welchem Herzfrequenzbereich findet Erholung statt? Wo ist man im Trainingsbereich und welcher Bereich sollte komplett vermieden werden?) und vieles mehr.
- Aktivitätsprotokoll/Tagebuch
Eine Vorlage zum Download dazu findet ihr hier: Pacing Tagebuch
- Apps
Im digitalen Zeitalter kann man wohl auf Apps kaum noch verzichten. Wir werden in einem extra Beitrag auf alle hilfreichen Apps nochmal genauer eingehen.
- „Switching“
Switching“ bedeutet: zwischen verschiedenen Aktivitäten zu wechseln, sowohl mental als auch körperlich, um verschiedene Bereiche des Körpers nicht zu lange zu fordern.
Geistige und körperliche Aktivitäten sollten im Gleichgewicht stehen: z.B. körperliche Aktivität – Ruhe – geistige Arbeit – Ruhe.
Wichtig ist auch: Ruhe bedeutet nicht Fernsehen. Ruhe heißt: Nichts machen, am besten kurz hinlegen und dösen.
- Funktionsfähigkeit optimieren – Erhöhen der Aktivität
Wer Pacing „richtig“ beherrscht, kann damit beginnen, seine Aktivität zu erhöhen (tägliche Belastungen sorgen nicht mehr für Crashs). Man bleibt damit so aktiv wie möglich, ohne Rückfälle auszulösen.
Man nimmt kurze Aktivitäten in den Tagesablauf auf, um die Bewahrung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit zu unterstützen. Betroffene sollten mit leichten Aktivitäten beginnen und sich langsam steigern.
- Atemübungen fördern die Entspannung und stärken die Atemmuskulatur
- Aktive Dehn- und Atemübungen verbessern den Bewegungsbereich/die Beweglichkeit (im Sitzen oder Liegen)
- Leichter Widerstand durch z.B. elastische Bänder
- kurze Spaziergänge oder Schwimmen (dabei auf körpergerechte Bewegungsausführung und Ergonomie achten)
Kurz und knapp:
- Bewahrung von Energie für die wichtigsten Alltagsaktivitäten
- Energiereserve für unvorhergesehene Ereignisse
- Prioritäten setzen
- „Sag einfach nein“
- Grenzen setzen
- Man muss nicht beenden, was man begonnen hat
- Um Hilfe bitten